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Land-Berichte. Beiträge zu ländlichen und regionalen Lebenswelten. Heft 3-2021  (November 2021)

Zusammenfassungen

Anton Sterbling: Die antwortlose Gesellschaft. Ein wissenssoziologisch erfasstes Zeitbild

Der Beitrag thematisiert die Folgen der Coronapandemie unter einem spezifischen, nämlich wissenssoziologischen Gesichtspunkt. Dabei wird aufgezeigt, welche irritierenden Auswirkungen diese Pandemie, ihre sozialen Deutungen und geistigen Verarbeitungen auf lebensweltliche Selbstverständlichkeiten und Wissenszusammenhänge, auf das wissenschaftliche Wissen und auf religiöse Überzeugungssysteme hat. In besonderer Weise sollen hierbei die Anschlussschwierigkeiten und Probleme zwischen wissenschaftlichen und lebensweltlichen Wissenssystemen herausgearbeitet werden.

Peter Bussler: Bilder aus der Arbeitswelt von Lotsen und Schiffern an der Nordseeküste. Die norddeutsche Küstenlandschaft im Werk von Carlos Grethe

Der spätimpressionistische Marinemaler Carlos Grethe hat wie kaum ein anderer die Besonderheiten der Nordseeküste mit ihren einzigartigen Stimmungen, den atmosphärischen Gegebenheiten und den unablässigen Kämpfen seiner Bewohner mit den Elementen zwischen 1888 und 1914 so in Szene gesetzt wie er. Die Motive und Themen dieses herausragenden Künstlers erlauben eine Identifikation mit einem ganzen Landstrich. Seine Fischergestalten, Matrosen und mächtigen Schiffsleiber zeugen vom harten Leben der hier lebenden Menschen und stehen gleichwohl in einem machtvollen Gegensatz zum sonnendurchfluteten Abendhimmel oder zur dunstigen Meeresluft. Ab 1893 gehörte Grethe zu den beliebtesten Akademielehrern der Kunstakademien in Karlsruhe und Stuttgart; sein Name ist für immer verbunden mit der Gründung der Duhner-Altenwalder Malerkolonie bei Cuxhaven.

Georg W. Oesterdiekhoff: Wilhelm Wundts Völkerpsychologie als Grundlagentheorie der Humanwissenschaften. Eine kritische Würdigung

Die „Völkerpsychologie“ von Wilhelm Wundt verfolgt ein ehrgeiziges Programm. In zehn Bänden wird die historische Entwicklung von Sprache, Religion, Mythos, Kunst, Moral und Gesellschaft rekonstruiert. Dabei werden die allgemeinen Entwicklungsstufen in allen diesen Bereichen behandelt, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben, unter bewusster Aussparung von Details, die mit historischen und kulturellen Sonderentwicklungen im Zusammenhang stehen. Die historischen Ausführungen Wundts sind großteils auch heute noch lesenswert. Wundts grundlegende Idee, historische Entwicklungsstufen entwicklungspsychologisch zu fundieren, erscheint richtig und zielführend zu sein. Jedoch ist es ihm überhaupt nicht gelungen, theoretische Grundlagen des anvisierten entwicklungspsychologischen Modells zu entwickeln. So glaubte er, seine Entwicklungspsychologie habe keine Schnittmenge mit Kinderpsychologie. Diesbezügliche theoretische Grundlagen hat er überhaupt nicht entwickelt. Ihre Existenz wird suggeriert, nicht demonstriert. In diesem Mangel kann man einen Hauptgrund dafür sehen, dass sich die „Völkerpsychologie“ trotz der damals beachtlichen Reputation des Autors wissenschaftshistorisch nicht durchgesetzt hat.

Franz Kromka: Warum arbeiten Landwirte lieber und länger als Nichtlandwirte? Der Flow-Effekt als Ursache

Arbeit, wie sie uns heute vertraut ist, stellt ein spätes geschichtliches Phänomen dar. Besonders im Gefolge der postlutherischen Bewegungen entwickelte sich schrittweise eine strenge Arbeitsmoral, die nahezu alle Menschen und mit Verzögerung auch die Bauern in Pflicht nahm. Es galt nun, nicht mehr untätig zu sein oder zumindest tätig zu scheinen. Allmählich bewirkten die Fortschritte der Technik indessen, dass man die Arbeit nicht mehr nur als harte Fron ansah, sondern mehr und mehr als befriedigend-herausforderndes Tun, das Kreativität voraussetzt, aber diese auch zeitigen kann. Gerade den heutigen Landwirten verschafft die Arbeit, wie Untersuchungen zeigen, außergewöhnlich viel Befriedigung. Eine gute Erklärung für dieses Faktum liefert die Flow-Theorie des Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi. „Flow“ ist definiert als ein ganzheitliches Gefühl bei völligem Aufgehen in einer Tätigkeit, die den Handelnden weder überfordert noch unterfordert, sondern erfolgreich herausfordert. Landwirte erleben Flow-Gefühle im Übermaß.

Hubertus Klink: Einblick in das dörfliche Leben und die Auswanderung in den Banat einer moselländischen Familie

In diesem Beitrag werden zwei Geschehnisstränge einer weit verzweig­ten, spannenden Familiengeschichte herausgegriffen und eingehender vorgestellt. Ein Erzählungsstrang beinhaltet Ausführungen über das mühselige Leben und Arbeiten der moselländischen Vorfahren in einem Winzerdorf. Ein weiterer Strang einige Darlegungen zu ein Ein weiterer Strang einige Darlegungen zu einem in das historische Banat ausgewanderten Zweig der Familie, der also an der Kolonisation der habsburgischen Militärgrenze beteiligt war, die auf diese Weise exemplarisch veranschaulicht wird.